Zweiter Blogeintrag: Der Anfang eines Universums

Weder der Unterricht noch die lange Busfahrt konnten mich in den nächsten Tagen davon abhalten, die Geschichte um den Honoronknacks weiter auszubauen.

Ich war Feuer und Flamme.

Es sollte ein Einschnitt in das Leben zweier Menschen auf der Erde sein – Menschen, die ein ähnliches Leben führten wie ich. In meiner Geschichte bekamen sie die einmalige Chance, weit mehr kennenzulernen. Kayla – zu Anfang noch Katrin – und Lisra waren geboren. Sie sollten sich durch den Honoronknacks selbst in Fabelwesen verwandeln.

Ein Zauber, der aus einer ihnen fremden und fantastischen Welt geflohen war – vor seiner Erschafferin, Miriam. Diese Welt war nur eine von vielen, geschaffen durch fünf mächtige Magier, die sich einst zusammengeschlossen hatten: die fünf Vögel – kurz „V“.

Es gab so viele Ideen. Neue Welten. Neue Worte. Neue Wesen. Ich wollte die Grenzen meiner Fantasie mit dieser Geschichte endgültig sprengen.

Wie jeder kreative Prozess begann auch dieser mit einer Euphorie der Entdeckung – ein Moment, der sich für mich immer wie ein Rausch anfühlt und mich hoch hinausfliegen lässt.

Doch irgendwann war die Luft raus. Ich hatte alles entdeckt, was es für mich zu entdecken gab. Alle Fragen waren beantwortet. Das, was noch fehlte, hätte sich für mich nur wie eine Wiederholung von Gedanken und Bildern angefühlt.

Heute habe ich eine Schreibroutine, die mich durch solche Flauten trägt. Damals aber war das anders. Ich schrieb sporadisch, litt unter dieser kreativen Leere und fragte mich oft: Warum nutze ich meine freie Zeit nicht zum Weiterschreiben?

Es dauerte Jahre, bis die Honoronknacks-Idee vollständig aufgeschrieben war – von einer Überarbeitung ganz zu schweigen.

Inzwischen war ich mit der Schule fertig und mitten im ÖfJ. Zwischen Knochen und alten Tonscherben verbrachte ich meine Tage in der Denkmalschutzbehörde – und entdeckte etwas Neues: Lied-Geschichten. Kurze Szenen, geboren aus einem Moment des kreativen Funkens, perfekt abgestimmt auf ein bestimmtes Musikstück.

Ein Trommelschlag – ein Schritt.

Ein Zischen – ein Pfeil, der durch die Luft schneidet.

Ein ruhiger Akkord – ein inneres Wanken, das man kaum aushalten kann.

Es entstanden Dutzende losgelöster Szenen. Einige davon wurden zu ganzen Geschichten, andere blieben Fragment. Die Honoronknacks-Idee rückte in den Hintergrund. Ich schrieb zwar hier und da noch einen Satz, aber wirklich gefesselt war ich nicht mehr. Mich trieb es in andere kreative Gefilde.

Dann, eines Herbst- oder Wintertages – ich war im Innendienst, Scherben waschen, katalogisieren – hörte ich einen zweistündigen Epic-Music-Mix. Ich hatte ihn schon oft gehört. Aber an diesem Tag – mit einer Tüte Fundstücke in der Hand, auf dem Weg durch den Gang – änderte sich alles. Die Musik stieg an, wurde episch, und fiel plötzlich in eine Stille voller Gewicht.

Und da stand sie: Nahima.

Damals kannte ich ihren Namen noch nicht. Ich sah nur eine Frau in Rüstung. Sie wurde gerade von einer anderen Soldatin niedergestochen – im Moment der musikalischen Stille.

Ich blieb wie angewurzelt stehen – und schnappte genauso überrascht nach Luft wie Nahima es in diesem Moment tat.

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Dritter Blockeintrag: Wenn Geschichten sich miteinander verbinden – Teil 1

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Erster Blogeintrag: Die Worte, meine Charaktere und ich